Psychologie: Die 50:50-Methode hilft dir, dich im Alltag nicht zu verlieren

Zwischen unseren alltäglichen Einflüssen, Konflikten und Aufgaben kann es schwierig sein, bei sich zu bleiben und bewusste Entscheidungen zu treffen. Die 50:50-Methode kann laut Oxford-Professor Willem Kuyken dabei helfen, dass es gelingt.

Jan 15, 2025 - 16:20
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Psychologie: Die 50:50-Methode hilft dir, dich im Alltag nicht zu verlieren

Zwischen unseren alltäglichen Einflüssen, Konflikten und Aufgaben kann es schwierig sein, bei sich zu bleiben und bewusste Entscheidungen zu treffen. Die 50:50-Methode kann laut Oxford-Professor Willem Kuyken dabei helfen, dass es gelingt.

Im Alltag überkommt mich manchmal das Gefühl, was ich erlebe, zieht an mir vorbei, während ich mit etwas anderem beschäftigt bin. Ich putze mir die Zähne und denke dabei an die Themenkonferenz, die in ein paar Minuten losgeht. Ich schreibe an einem Text und sorge mich, dass er niemandem etwas sagt. Wenn mich jemand fotografieren möchte, empfinde ich eine Mischung aus Unbehagen, dem Bedürfnis, vor einem Spiegel meine Haare zu richten, und Ratlosigkeit, was Menschen eigentlich dazu bewegt, Fotos machen zu wollen.

Ich fühle mich wie in diverse Richtungen zerstreut, anstatt an einem Punkt, in einem Moment gesammelt. Laut dem Oxford-Professor Willem Kuyken soll die 50:50-Methode Leuten wie mir dabei helfen, sich nicht so leicht zu verlieren – oder im Fall der Fälle rasch wiederzufinden.

So funktioniert die 50:50-Methode

Das Prinzip der 50:50-Methode ist schnell erklärt: Während wir etwas tun, richten wir 50 Prozent unserer Aufmerksamkeit auf unseren Körper und 50 Prozent auf die Handlung, die wir ausführen. Das funktioniere am besten, so schreibt Willem Kuyken in einem Artikel für "Psychology Today", indem wir uns einen konkreten Ankerpunkt in unserem Körper suchen, den wir gut spüren können: die Flächen, an denen unsere Fußsohlen Kontakt mit dem Boden haben. Die Stelle, an der unser Hintern und unsere Oberschenkel den Stuhl berühren, auf dem wir sitzen. Unsere Atmung, durch die sich unsere Bauchdecke hebt und senkt.

Bei dem handlungsorientierten Teil unserer Aufmerksamkeit bemühen wir uns darum, auf so viel wie möglich zu achten, so viel wie möglich von der Situation aufzunehmen. Als Beispiel nennt Willem Kuyken ein Gespräch, bei dem wir bewusst auf Mimik und Gestik unseres Gegenübers schauen können, anstatt nur auf seine Worte zu hören. Er schildert außerdem den Fall Sophia, die sich zur Vorbereitung auf ein schwieriges Telefonat mit ihrer Freundin die Liebe und Geschichte vergegenwärtigt hat, die die beiden verbindet. Sie hat ihre situationsbezogene Aufmerksamkeitshälfte auf die Beziehung als Ganzes gerichtet, anstatt sie ihrer momentanen Angst und Aufgebrachtheit zu widmen.

Unser Körper, schreibt der Psychologe, könne uns stets als Anker, Heimat, Lehrer und Wegweiser dienen. Nehmen wir ihn in den Fokus, können wir uns nicht verlieren – zumindest nicht vollständig. Die Anteile unserer Aufmerksamkeit müssen übrigens nicht exakt gleich groß sein, so Willem Kuyken. 50:50 sei ein grober Richtwert, vor allem komme es aber darauf an, dass wir ein Gefühl von Balance empfinden.

Warum ich die Methode interessant finde

Ich kann nicht behaupten, dass ich die Methode beherrsche oder genügend erprobt hätte, um zu beurteilen, ob sie für mich funktioniert. Aber ich kann zwei gute Gründe nennen, warum ich denke, dass sie das könnte: Wenn ich bewusst versuche, meine Aufmerksamkeit zwischen meinem Körper aufzuteilen und dem, was ich gerade tue, sehe ich nicht, wie noch irgendetwas übrig bleiben sollte, das irgendwohin abschweifen könnte. Davon abgesehen nimmt mein Körper in meinem Alltag so wenig Aufmerksamkeit in Anspruch, dass die Idee dieser 50:50-Methode ein völlig neuer Ansatz für mich ist. Was mich wiederum selbst ein bisschen wundert: Schließlich befindet sich mein Körper bei allem, was ich erlebe, stets im Zentrum. Fühle ich mich zerstreut und verloren, wäre es deshalb mehr als naheliegend, mich auf ihn zu besinnen, in ihm zu sammeln.

Aus diesen Gründen möchte ich die Methode auf jeden Fall in meinem Alltag ausprobieren. Vielleicht zieht ja nicht mehr alles ganz so schnell an mir vorbei, wenn ich ab und zu mal Anker setzen kann.

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