Ständig unter Strom – warum wir verlernt haben zu entspannen

Ständig erreichbar, selten entspannt – viele von uns leben im Dauerstress. Constantin Jacob beschreibt in seinem Gastartikel, wie digitale Reizüberflutung, Leistungsdruck und fehlende Pausen Körper und Geist belasten. Und er zeigt, wie wir wieder zu mehr Ruhe und Erholung finden können.

May 18, 2025 - 08:56
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Ständig unter Strom – warum wir verlernt haben zu entspannen
Ständig unter Strom – warum wir verlernt haben zu entspannen (Foto: Gerd Altmann von Pixabay)

Dieser Artikel ist ein Gastbeitrag von Constantin Jacob. Er betreibt das Entspannungsstudio Nordic Relaxing in Lübeck und bietet verschiedene Entspannungsmethoden zum Erlernen und Genießen an. Auch Einsteiger und Einsteigerinnen finden dort durch gezielte Einheiten einen Zugang zu mehr Ruhe im Alltag.

Kennst Du das Gefühl, nie richtig abschalten zu können? Um Dich abzulenken, ist der Griff zum Smartphone ein natürlicher Reflex geworden? Selbst nach einem freien Wochenende fühlst Du Dich nicht erholt, sondern unruhig und gedanklich erschöpft? Willkommen in der Welt des Dauerstresses.

Im Dauerrauschen der digitalen Welt

Kaum öffnen wir am Morgen die Augen, greifen wir zum Smartphone. WhatsApp-Messages beantworten, E-Mails checken, aktuelle Schlagzeilen lesen, durch Social Media scrollen – noch bevor der erste Kaffee getrunken ist, bombardieren wir unsere Sinne mit digitalen Inhalten. So geht es meist weiter, denn das Gefühl der ständigen Erreichbarkeit hat längst Besitz von uns ergriffen. Die Flut an Informationen führt zu einem Dauerrauschen im Kopf. Die Angst, etwas zu verpassen – bekannt als FOMO (Fear of Missing Out) – verstärkt diesen Druck. Kein Wunder, dass unser Gehirn diese Taktung irgendwann als Normalzustand verinnerlicht.

Doch warum fällt es uns so schwer, wirklich abzuschalten?

Unsere Sinne sind rund um die Uhr gefordert. Während im Beruf Leistung gefragt ist, setzen wir uns in der Freizeit selbst unter Druck, möglichst viel zu erleben. Hinzu kommt, dass viele diese Momente über Social Media oder Messenger teilen und das Streben nach Bestätigung die Druckspirale weiter antreibt. Selbst Kinder und Jugendliche geraten zunehmend in diesen Dauerstress. Bewusste Pausen gönnt sich kaum noch jemand.

Noch vor wenigen Jahren waren solche Pausen selbstverständlich. Die Zeit, in der wir heute E-Mails checken, durchs Internet surfen oder nach dem nächsten Highlight suchen, war früher einfach freie Zeit. Leerlaufphasen, die der Regeneration und Entspannung dienten.

Was Stress im Körper auslöst

Wenn wir unter Stress stehen, schaltet der Körper in den sogenannten Fight-or-Flight-Modus, also in Alarmbereitschaft. Stresshormone wie Adrenalin werden ausgeschüttet, der Cortisolspiegel steigt, die Herzfrequenz zieht an und der Blutdruck erhöht sich.

Für den Körper bedeutet dies, dass Gefahr droht. Ursprünglich eine sinnvolle Überlebensstrategie, wurde der Mechanismus im digitalen Zeitalter zunehmend zum Nachteil. Statt nach kurzer Zeit wieder zur Ruhe zu kommen, bleiben viele Menschen ständig in erhöhter Alarmbereitschaft.

Dass dieser Zustand auf Dauer nicht gesund ist, liegt auf der Hand. Er wirkt sich nachweislich negativ auf das Herz-Kreislauf-System aus, stört den Schlaf und schwächt das Immunsystem. Nervosität und innere Unruhe treten an die Stelle von Ruhe und Entspannung. Achtsame Erholung findet kaum noch statt.

Entspannung kann (wieder) gelernt werden

Die gute Nachricht: Dein Körper kann wieder lernen zu entspannen. Wenn Dir bewusst wird, dass Leistungsdruck und digitaler Input auf Dauer eher schaden als antreiben, wirst Du Ruhephasen wieder zulassen können.

Bereits kleine, konsequente Veränderungen können spürbare Wirkung entfalten: Leg das Smartphone zur Seite, fahr den Rechner herunter, lass den Fernseher aus. Gönn Dir stattdessen einen Spaziergang, etwas Sport, eine Tasse Tee, Atemübungen, Yoga, Meditation oder eine geführte Entspannungseinheit. Erlaubt ist, was Deinen Körper und Geist entlastet.

Ebenso wichtig ist erholsamer Schlaf. Eine regelmäßige Schlafroutine und wenig Bildschirmzeit am Abend zählen zu den zentralen Bausteinen guter Regeneration.

Und vergiss nicht, Pausen gezielt einzuplanen. Trag sie – wie andere Termine auch – in Deinen Kalender ein. Erholungsphasen sind kein Luxus, sondern eine Voraussetzung für einen klaren Kopf und langfristige Gesundheit.