Verhütung ist kein Thema mehr - oder doch?: "Das sind die Wechseljahre, dachte ich"

Christine Schulz kümmerte sich mit Ende 40 nicht mehr um das Thema Verhütung. Ein Irrtum mit weitreichenden Folgen.

May 30, 2025 - 08:05
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Verhütung ist kein Thema mehr - oder doch?: "Das sind die Wechseljahre, dachte ich"

Christine Schulz kümmerte sich mit Ende 40 nicht mehr um das Thema Verhütung. Ein Irrtum mit weitreichenden Folgen.

Unser Leben verlief damals eher ruhig. Meine 19-jährige Tochter studierte gerade. Mein Sohn, drei Jahre jünger, bereitete sich auf die Mittlere Reife vor. Ich arbeitete seit zwei Jahren wieder als Zahnarzthelferin und mein Mann bei einer Versicherung.

Mit 49 Jahren dann spürte ich plötzlich Veränderungen. Ich fühlte mich merkwürdig, manchmal war mir übel, und die Regel blieb aus. Ich vermutete die Wechseljahre und vereinbarte einen Termin bei meiner Frauenärztin.

Christine Schulz: "Der schönste Fehler unseres Lebens"

Was dann passierte, stellte unser Leben komplett auf den Kopf. Denn nach einem Urin- und Bluttest verkündigte meine Ärztin: "Sie sind schwanger." Kurz darauf blickte ich geschockt auf den Monitor. Das Ultraschallbild zeigte ein schlagendes Herz. Ich war tatsächlich schwanger – in der neunten Woche.

Mein Alter erschien mir viel zu hoch für eine natürliche Schwangerschaft. Schon bei unserem zweiten Kind vor 16 Jahren waren wir erstaunt gewesen, wie lange es gedauert hatte, bis ich endlich schwanger wurde. Deswegen hatten wir schon vor vier Jahren aufgehört, zu verhüten und einfach nur "etwas aufgepasst". Wohl nicht genug.

Die Ärztin erklärte es mir genauer: Die Fruchtbarkeit nimmt zwar mit dem Alter ab. Eine späte Schwangerschaft bleibt aber durchaus möglich. Kurz bevor die Fruchtbarkeit endet, kommt es sogar zu einem starken hormonellen Schub. Der Körper mobilisiert ein letztes Mal seine reproduktive Reserve. Und so entwickelte sich mein Irrtum zum schönsten Fehler unseres Lebens.

Schwere Entscheidung

Doch das wussten wir zunächst noch nicht. Zu Hause versuchten mein Mann und ich, zu einer Entscheidung zu kommen. Wir fingen an zu grübeln: Wir hatten doch schon zwei Kinder. Reichten unsere Kräfte für ein weiteres Baby? Würde es gesund sein? Wie alt wären wir während seiner Pubertät? Würden uns andere für seine Großeltern halten? Andererseits fühlte ich mich körperlich fit und war auch mental gut drauf.

Ich entschied mich schneller für das Kind. Mein Mann brauchte etwas länger – er war bereits 59 und hatte sich die zukünftige Zeit mit mir sicher anders vorgestellt: Wellness und Reisen statt Windeln. Schließlich sagte er: Ich bin dabei! Und die Vorfreude auf unser Baby wuchs. Auch unsere beiden älteren Kinder freuten sich auf ihr Geschwisterchen.

Die meisten Freunde reagierten positiv. Doch es gab auch andere Stimmen. Man hielt uns für verantwortungslos. Wir könnten das Kind schließlich nicht so lange begleiten wie junge Eltern. Auch das erhöhte Downsyndrom-Risiko sei zu bedenken. Zum Glück verliefen alle Untersuchungen problemfrei.

Endlich komplett

Im Januar 2022 kam Sophie per Kaiserschnitt zur Welt. Sie wog 3100 Gramm bei 52 Zentimetern. Es war toll, die Baby-Honeymoon-Phase noch einmal in meinem Alter erleben zu dürfen. Aber klar – danach wurde unser Alltag intensiver und stressiger: Stillen, Wickeln, Waschen und Schaukeln bestimmten den Tag. Doch Sophie bereichert unser Leben ungemein, das ist jede Mühe wert.

Meine großen Kinder unterstützen mich sehr. Viele halten meine Tochter für Sophies Mutter. Ich antworte dann stolz: "Nein, ich bin die Mutter – von beiden." Diese Verwechslung macht mir nichts aus. Natürlich bin ich in allen Mütterrunden die Älteste. Aber der Austausch mit den jüngeren Frauen inspiriert mich sehr. Sophie ist mittlerweile drei Jahre alt. Sie ist aufgeweckt, lacht viel und bringt mit ihrer fröhlichen Art richtig viel Schwung in unser Zuhause. Mit ihr fühlt sich die Familie vollständig an. Wir genießen jeden gemeinsamen Moment.

Protokoll: Narimaan Nikbakht