Aesop Rock – „Black Hole Superette“: Der Kosmos im Kleinen

Mit seinem neuen Album Black Hole Superette kehrt Aesop Rock zurück – nicht mit Pomp oder Pathos, sondern mit einer unaufgeregten, fast meditativen Sammlung von Alltagsbeobachtungen. Der mittlerweile fast 50-jährige MC gilt seit Jahrzehnten als Meister der kryptischen Lyrik, doch diesmal liegt sein Fokus auf dem scheinbar Banalen: Gärten, Hunde, Supermärkte, Schneckenplagen. Was bei anderen trivial wirken könnte, wird bei... Weiterlesen

Jun 3, 2025 - 16:00
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Aesop Rock – „Black Hole Superette“: Der Kosmos im Kleinen

Aesop Rock Black Hole Superette

Mit seinem neuen Album Black Hole Superette kehrt Aesop Rock zurück – nicht mit Pomp oder Pathos, sondern mit einer unaufgeregten, fast meditativen Sammlung von Alltagsbeobachtungen. Der mittlerweile fast 50-jährige MC gilt seit Jahrzehnten als Meister der kryptischen Lyrik, doch diesmal liegt sein Fokus auf dem scheinbar Banalen: Gärten, Hunde, Supermärkte, Schneckenplagen. Was bei anderen trivial wirken könnte, wird bei Aesop Rock zur tiefgründigen Meditation über das Älterwerden, Erinnerung und Gelassenheit.

Aesop Rock x Black Hole Superette – Weniger Paranoia, mehr Präsenz

Aesop Rock war nie ein Künstler der einfachen Bilder. Seine Songs klangen oft wie das Innenleben eines überreizten Geistes – wirr, übervoll, paranoid. Doch Black Hole Superette überrascht mit einer neuen Qualität: Ruhe. Statt sich wie früher in Spiralen aus Angst und Überanalyse zu verlieren (wie etwa auf „Dog At The Door“), entdeckt er nun eine Form von Trost in kleinen Details. Ein plötzlicher Vogelschwarm, das Wachsen einer Pflanze, eine Erinnerung an einen vergessenen Künstler – all das wird mit fast kindlicher Neugier seziert.

Das große Thema: Altern mit Würde

Wie schon frühere Alben klare thematische Klammern hatten – etwa Labor Days (2001) über Arbeit oder Skelethon (2012) über Trauer –, widmet sich Aesop auf Black Hole Superette dem Älterwerden. Doch statt melancholischem Rückblick liefert er eine nüchterne, fast freundliche Bestandsaufnahme. Das Alter bringt nicht nur körperliche Einschränkungen, sondern auch neue Perspektiven. Eine Falte kann auch eine neue Identität andeuten – nicht nur den Verlust der alten.

Schnecken, Kiwi und ein Hauch von Portland-Romantik

Zu den Highlights des Albums zählt „Costco“, ein fast schon stoischer Bericht über seinen Alltag: Geschirr spülen, Jeopardy! schauen, Weedkrümel entfernen. Oder „Snail Zero“, in dem er einer wachsenden Schneckenpopulation im Aquarium mit ungewohnter Toleranz begegnet. „Bird School“ feiert die Schönheit von 12.000 Schwalben, die in einem Schornstein verschwinden – beobachtet nicht in Einsamkeit, sondern unter Menschen, bei Kiwi und Diet Coke. Es sind Szenen, die Aesop früher mit Skepsis oder Ironie betrachtet hätte. Heute sind sie Teil eines wertvollen Moments.

Musikalisch retro, aber nicht nostalgisch

Seit Skelethon produziert Aesop Rock seine Beats selbst – auch diesmal. Doch wo früher Dichte und Überfrachtung dominierten, herrscht auf Black Hole Superette mehr Luft. Der Sound ist klarer, rhythmisch oft angelehnt an die goldene Ära des Hip-Hop: Blockige 80s-Beats („Checkers“, „Charlie Horse“), Bomb-Squad-Reminiszenzen („The Red Phone“) oder klassische Boom-Bap-Muster („Ice Sold Here“). Es klingt vertraut, aber nie wie ein Blick zurück – eher wie eine Rekalibrierung des eigenen Ursprungs.

Zwischen Kindheit und kosmischer Bedeutungslosigkeit

„Unbelievable Shenanigans“ zeigt Aesop als nachdenklichen Erinnerer: Warum bleiben manche Dinge hängen – wie ein entlaufener Hamster – und andere nicht? Der Song kulminiert in der Zeile: „We’re nothing if not silver linings stuffed into compartments“ – ein typischer Aesop-Satz: sarkastisch und doch voller Wärme. Auf „Black Plums“, einem der letzten Tracks, bringt er es dann auf den Punkt. Die jährlich reifenden Pflaumen im Garten stehen sinnbildlich für das Vergehen der Zeit – und das Wunder, trotz allem noch hier zu sein.

Fazit: Aesop Rock entdeckt die Sanftheit

Black Hole Superette ist kein dramatisches Alterswerk. Es ist eine leise, kluge Reflexion über das Leben in der zweiten Lebenshälfte – ohne Pathos, aber mit Humor, Weitblick und einem enorm geschärften Blick für das scheinbar Unwichtige. Aesop Rock war immer ein Außenseiter, ein Eigenbrötler. Doch diesmal ist er ein Gastgeber, der dir eine Kiwi reicht und sagt: „Setz dich. Schau mit mir den Vögeln zu.“

Aesop Rock – „Black Hole Superette“ // Bandcamp Stream:

Black Hole Superette von Aesop Rock

Aesop Rock – „Black Hole Superette“ // Spotify Stream: