Angststörungen: Bis wann ist Angst noch normal?

Wann Angst zur Krankheit wird und wie dann behandelt wird – die wichtigsten Fragen und Antworten.

Jun 9, 2025 - 13:00
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Angststörungen: Bis wann ist Angst noch normal?

Wann Angst zur Krankheit wird und wie dann behandelt wird – die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wie viel Angst ist eigentlich normal?

Hilfe bei Ärzt:innen oder Psychotherapeut:innen sollte man sich suchen, wenn die angstvollen Gedanken viel Raum einnehmen ("mehr als die Hälfte des Tages" heißt es in der Leitlinie) oder die Angst Lebensqualität und Bewegungsfreiheit einschränkt, die Partnerschaft gefährdet oder zu Problemen im Job führt. Ein weiteres Warnsignal sind zunehmende Depressivität, Suizidgedanken oder wenn Ängste mit Alkohol, Drogen oder Medikamenten bekämpft werden. In akuten Krisen sollte man nicht zögern, sich umgehend Unterstützung zu holen.

Welche Angststörungen gibt es?

Spezifische Phobie: Starke Furcht vor einem bestimmten Objekt oder einer bestimmten Situation (z. B. vor Spinnen oder vorm Fliegen).

Soziale Phobie: Ausgeprägte Angst, negativ beurteilt zu werden, sich zu blamieren oder aufzufallen.

Agoraphobie: Angst vor Situationen, in denen man nicht schnell flüchten kann (z. B. weite Plätze, Menschenmassen, öffentliche Verkehrsmittel).

Panikstörung: Plötzliche Angst-Anfälle mit starken körperlichen Symptomen (z. B. Herzrasen, Zittern, Erstickungsgefühl, Schweißausbruch).

Generalisierte Angststörung: Anhaltende, unkontrollierbare Sorgen um Angehörige, Job oder Gesundheit.

Die unterschiedlichen Formen können einzeln, aber auch in Kombination auftreten.

Kann Angst körperliche Ursachen haben?

Ja. Vor der Diagnose sollten körperliche Ursachen wie etwa eine Schilddrüsenüberfunktion ausgeschlossen werden. Auch in den Wechseljahren kann es zu vermehrter Ängstlichkeit bis hin zu Panikattacken kommen, auch wenn nicht immer die Diagnose-Kriterien einer Störung erfüllt sind. Eine Kognitive Verhaltenstherapie kann helfen, eine Hormontherapie ebenfalls. Studien, die beide Behandlungen direkt miteinander verglichen haben, gibt es bisher nicht.

Wie wird behandelt?

Mit Psychotherapie oder mit Medikamenten (vor allem Antidepressiva) bzw. einer Kombination. Zusätzlich können Bewegung, Entspannungsverfahren oder Selbsthilfe unterstützen. Als erste Option nennt die Leitlinie die Kognitive Verhaltenstherapie (KVT). Ihre Erfolge sind am besten untersucht. Eine psychodynamische Therapie kann zum Einsatz kommen, wenn diese gewünscht wird oder Verhaltenstherapie nicht erfolgreich oder nicht verfügbar ist. Bei der sozialen Phobie gilt dies auch für die Systemische Therapie. Für spezifische Phobien empfiehlt die Leitlinie ausschließlich KVT bzw., wenn Expositionen direkt nicht möglich sind, eine Expositionstherapie mittels virtueller Realität. Angststörungen gelten als gut behandelbar. Wichtig ist, frühzeitig zu beginnen, sonst steigt das Risiko für weitere psychische Erkrankungen wie Depressionen.

Was leisten Online-Therapien und Apps?

Sie können eingesetzt werden, um die Zeit bis zum Beginn einer Psychotherapie zu überbrücken, oder als Ergänzung zur psychotherapeutischen Behandlung. Als alleinige Behandlung sollen die Angebote laut Leitlinie nicht eingesetzt werden. Es gibt mittlerweile einige Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGAs) für Angststörungen (z. B. Hellobetter Panik, Selfapy, Novego), die auf Rezept verordnet und deren Kosten von den Kassen übernommen werden.

Was können pflanzliche Beruhigungsmittel?

Zur Behandlung von Angststörungen werden sie in den Leitlinien nicht empfohlen. Es gibt aber Phytotherapeutika, die ängstliche Verstimmung, innere Unruhe und dadurch bedingte Schlafstörungen lindern sollen (zum Beispiel "Lasea" mit Arzneilavendel).

Was können Angehörige tun?

Ansprechen, wenn Veränderungen auffallen, nachfragen, zuhören und Unterstützung anbieten, professionelle Hilfe zu finden. Der (verständliche) Impuls, Betroffenen Aufgaben, vor denen sie Angst haben, abzunehmen, kann Vermeidungsverhalten fördern.

Tipp:

Die Deutsche Angst-Selbsthilfe e. V. bietet jede Menge Infos, Beratung, Webinare etc: angstselbsthilfe.de