Universität Marburg präsentiert sich mit neuem Corporate Design

Die Philipps-Universität Marburg hat sich, zwei Jahre vor dem Jubiläum ihres 500-jährigen Bestehens, ein neues Corporate Design zugelegt. In einer sich schnell verändernden Welt müsse die Universität ihre Position kontinuierlich stärken und zukunftsorientiert weiterentwickeln, so ihr Präsident Prof. Dr. Thomas Nauss anlässlich der Vorstellung. Statt des Siegels fungiert fortan eine neu geschaffene Wortbildmarke als offizieller Logoabsender.

Jun 11, 2025 - 00:20
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Universität Marburg präsentiert sich mit neuem Corporate Design

Die Philipps-Universität Marburg hat sich, zwei Jahre vor dem Jubiläum ihres 500-jährigen Bestehens, ein neues Corporate Design zugelegt. In einer sich schnell verändernden Welt müsse die Universität ihre Position kontinuierlich stärken und zukunftsorientiert weiterentwickeln, so ihr Präsident Prof. Dr. Thomas Nauss anlässlich der Vorstellung. Statt des Siegels fungiert fortan eine neu geschaffene Wortbildmarke als offizieller Logoabsender.

Die Philipps-Universität Marburg wurde 1527 gegründet und ist die älteste protestantische Universität der Welt. Mit rund 21.000 Studierenden, 382 Professuren und 4.000 Beschäftigen steht die Universität Marburg über ihre 16 Fachbereiche für die Verbindung von Grundlagenforschung, zukunftsorientierter Anwendung und Bildung in großer fachlicher Vielfalt. Namensgeber und Gründer ist der Landgraf Philipp von Hessen, der als einer der bedeutendsten Verbündeten Martin Luthers gilt und ab 1524 die Reformation in Hessen einführte.

Das bisherige visuelle Erscheinungsbild der Universität Marburg wurde vor rund zwanzig Jahren eingeführt. Eine Weiterentwicklung des visuellen Auftritts sei in einer digital und global ausgerichteten Welt notwendig, wie die Uni in einer Pressemeldung erklärt. Dies beträfe auch die Wissenschaft und Lehre.

Für viele Einsatzzwecke – von digitalen Präsentationen bis zu Social Media – sei der fast 20 Jahre alte optische Auftritt nicht mehr gut geeignet, wie aus einer internen Befragung hervorgehe, die dem eigentlichen Designprozess vorausgegangen war. Darauf aufbauend wurde 2023 der Auftrag für die Überarbeitung des Corporate Designs öffentlich ausgeschrieben. „Ein einheitlicher und wiedererkennbarer Markenauftritt unterstützt uns dabei, das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb der Universität zu fördern und gleichzeitig unsere Identität nach außen klar und kraftvoll zu vermitteln“, so Nauss.

Universitätssiegel – vorher und nachher

Universität Marburg Siegel – vorher und nachher, Bildquelle: Universität Marburg, Bildmontage: dt
Universität Marburg Siegel – vorher und nachher, Bildquelle: Universität Marburg, Bildmontage: dt

Das Universitätssiegel bleibt als Gestaltungselement erhalten. Dessen Form wurde auf Basis des Siegels von 1916 neu gezeichnet und vereinfacht. Die wesentlichen Komponenten des Corporate Designs – das Logo sowie Kreiselemente (voller Kreis, Halbkreis, Viertelkreis), beides Grundbausteine des Designsystems, – wurden aus dem Siegel abgeleitet, erläutert die Uni.

Logo – vorher und nachher

Universität Marburg Logo – vorher und nachher, Bildquelle: Universität Marburg, Bildmontage: dt
Universität Marburg Logo – vorher und nachher, Bildquelle: Universität Marburg, Bildmontage: dt

Anstelle des Universitätssiegels fungiert fortan, so etwa im frisch relaunchten Webauftritt (uni-marburg.de) wie auch im Umfeld von Social Media, das aus dem neu gestalteten Siegel herausgelöste Porträt des Gründers als Logoabsender. Ergänzt wird die Bildmarke durch die Bezeichnung „Universität Marburg“ – gesetzt ist diese, wie bisher auch, untereinander in Gemischtschreibweise.

Statt wie bisher in der Schriftart Profile Pro (Supertype) ist der Name nun in der Schriftart Noto Sans gesetzt. Der offizielle Name „Philipps-Universität Marburg“ bleibt bestehen – auf die Nennung des Namenspatrons wird in der neuen Wortmarke des Logos jedoch verzichtet. Der Name „Universität Marburg“ sei international besser nutzbar, so die Begründung. Vor diesem Hintergrund erfolgt mit „Marburg University“ auch die Einführung einer englischen Variante. Blau bleibt als Hausfarbe erhalten, wenngleich in einem helleren, gesättigteren Ton.

Das neue Designsystem soll in den nächsten Monaten Schritt für Schritt in den verschiedenen Medien der Universität umgesetzt werden, und mit Hilfe des neue Markendesigns die Wiedererkennbarkeit der Universität Marburg stärken.

Entstanden ist das neue Corporate Design in Zusammenarbeit mit der Designagentur Amatik (Kiel).

Kommentar

Mit ihrem neuen Logo, dem vereinfachten Porträt des Landgrafen Philipp, macht sich die Universität Marburg keinen Gefallen, fürchte ich. Denn sie macht sich kleiner als sie ist.

Die lange Geschichte der in Hessen ansässigen Universität, ihre reiche akademische Tradition, ihr internationales Renommee und ihre Exzellenz – all dies kann die neue Wortbildmarke nicht ansatzweise transportieren. Mehr Piktogramm, denn prägnantes Markenzeichen, wirkt das neue Logo eher wie der Absender einer Fachhochschule, die erst nach der Wiedervereinigung gegründet wurde, und der nur wenige hundert Studierende angehören. So jedenfalls mein Eindruck.

Die vergleichsweise große horizontale Ausdehnung des bisherigen Logos verhindert eine optimale Raumausnutzung (ideal sind Logos mit etwa quadratischer Dimension). Zudem erschwert ein solch starrer, Korsett-artiger Aufbau die Handhabe. Eine Überarbeitung und Optimierung in dieser Hinsicht ist also sinnvoll und richtig. Dass jedoch anstelle des neugestalteten Uni-Siegels nun die daraus herausgelöste figürliche Darstellung einzig als Bildmarke im Logo verwendet wird, halte ich für einen Fehler. Der Entscheidung, die Figur statt des Siegels im Logo zu verwenden, basiert offenbar auf zwei grundlegenden Missverständnissen.

Missverständnis 1. Die Entscheidung, das Siegel nicht im Logo zu verwenden, wird auf der Website der Uni wie folgt begründet: „Das Siegel ist wichtig für die Tradition, eignet sich jedoch aufgrund seiner Detailfülle nicht für alle Anwendungen, besonders digital.“ Ende der 1990er-Jahre, als 800×600 Pixel auf Desktop-Monitoren als Standard-Bildschirmauflösung galt, war Detailfülle ein Problem, in jeder Hinsicht (Darstellungsqualität, Bandbreite/Datenlast). Im Kontext mobiler Anwendungen war die Darstellungsqualität darüber hinaus, etwa zu Zeiten früher iPhone-Modelle (3, 4, 5…), noch stark eingeschränkt. Heute bieten die meisten aktuellen Smartphones mindestens Full-HD+ (ca. 2.400 x 1.080 Pixel) oder sogar höhere Auflösungen wie QHD+ (z. B. 3.200 x 1.440 Pixel). Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht absehbar.

Weshalb auch ein komplexes Universitätssiegel sich heutzutage sehr gut auf Mobilgeräten darstellen lässt. Die Universität Heidelberg etwa verwendet ihr historisches Siegel (in einer optimierten Version) – selbstverständlich – auch im Kontext digitaler Medien. Ebenso hält es die Karls-Universität. Und auch die Harvard Universität verwendet ihr Wappen/Logo crossmedial, wie so viele andere Entitäten auch, seien es Hochschulen, Fußballvereine, Städte und Gemeinden. Vielfältige technische Anforderungen bestehen auch heute noch, doch es ist ganz sicherlich nicht so, dass  Detailfülle auf mobilen Endgeräten nicht darstellbar sei. Auch das Siegel der Uni Marburg lässt sich, dank nunmehr optimierter Linienführung – insgesamt eine handwerklich gut gemachte, solide Arbeit –, in den allermeisten digitalen Anwendungsumgebungen detailreich und gestochen scharf abbilden.

Missverständnis 2. Die Memorierbarkeit von komplexen Formen ist eingeschränkt bzw. begrenzt, weshalb sich ihre Verwendung als Logo, als Markenabsender, nicht eben aufdrängt. Schlichte Zeichen sind bekanntermaßen einprägsamer. Doch ein Logo muss auch andere Dinge zu leisten imstande sein: es sollte möglichst eigenständig sein, im besten Fall einzigartig, und trotz einfacher Formgebung die Marke, die es repräsentiert, in idealer Weise verbildlichen. Eine zu stark vereinfachte Form jedoch bedeutet Verlust von Individualität, auch von Identität (derlei illustrative Figuren wie der Landgraf begegnen einem im Brand Design häufiger, siehe Ratsherr, Elizabeth Young, Rama-Mädchen).

„Mache die Dinge so einfach wie möglich – aber nicht einfacher“ – was Albert Einstein auf die Wissenschaft bezog, lässt sich auch auf Kommunikationsdesign übertragen. Vereinfachung auf das Wesentliche – darum geht es.

Wenn wir uns, um dieses Beispiel nochmal aufzugreifen, das Logo der Universität Heidelberg einprägen können, ein Zeichen mit enormer Detailfülle, dann deshalb, da es in konsequenter Weise in Kombination mit einer roten Kreisfläche (welche roten Wachs imitiert) verwendet wird. Die Linienstruktur des Siegels der Uni Heidelberg lässt sich unmöglich aus dem Gedächtnis nachzeichnen, oder, der von Kurt Weidemann formulierten Maxime folgend, „mit dem großen Zeh in den Sand kratzen“. Doch ihre Gesamterscheinung sorgt dafür, dass sich dieses Zeichen einprägt.

Anhand des Beispiels wird deutlich: nicht allein die Grundform, das Liniengerüst, definiert den Grad der Memorierbarkeit eines Zeichens, auch ihre Farbgebung, ihre Stilistik, ihre Gesamterscheinung und -beschaffenheit sind in diesem Zusammenhang bedeutsam, ebenso sekundäre, Anwendungskontext bezogene Faktoren, etwa Platzierung und Häufigkeit.

Darin besteht das Missverständnis: denn auch Logos mit großer Detailfülle können einprägsam sein. So wie in unserem inneren Auge ein Bild von einem aus Puzzleteilen zusammengesetzter, grauer Globus entsteht, wenn wir an Wikipedia denken. Obschon dieser so gar nicht der oben beschrieben Gestaltungsmaxime entspricht, wie so viele andere Zeichen und Logos auch nicht.

Fazit

Weder spricht also aus technischer Hinsicht etwas gegen die Verwendung des Siegels im Logo der Uni Marburg, noch ist die Komplexität des Siegels ein überzeugendes Argument, das gegen die Verwendung als Logo spricht, noch bestehen bei einem kreisrunden Zeichen Probleme in Sachen Handhabe. Freilich darf und sollte auch eine fast 500-jährige Hochschule mit der Zeit gehen, doch ohne dabei dem Reiz des Modischen zu verfallen. Und modisch ist das neue Uni-Logo, die Wortbildmarke mit simplifizierter Figur.

Für eine Hochschule, ein Ort der Wissenschaften, erscheint mir Simplifizierung besonders problematisch, in jeder Hinsicht. Im Markenkosmos führt Simplifizierung oftmals zur Selbstentfremdung, und zur Loslösung vom Markenkern. Im Zeichnerischen besteht zudem die Gefahr der Trivialisierung und Fehldeutung. Gerade wenn es ins Figürliche geht tendiert die Gestaltung oftmals zum Comic-haften, allgemein gesprochen. Auf diese Weise illustriert und solitär in Erscheinung tretend wirkt die Landgraf-Darstellung wenig bedeutsam.

Für eine Universität spricht doch eigentlich vieles, möchte man meinen, die in einem Siegel dargestellte Detailfülle proaktiv und offensiv sichtbar zu machen, anstatt sie im Hintergrund zu verstecken, degradiert zum Deko- und Schmuckobjekt. Schließlich verweist Detailfülle auf eine inhaltliche Tiefe, und artikuliert Substanz, einen Reichtum an Wissen und Tradition. Visuelle Komplexität ist heutzutage also nicht nur (technisch gesehen) darstellbar, sie darf und muss gerade im Kontext Lehre und Forschung, und gerade in der heutigen Zeit, in der die Vereinfachung komplexer Sachverhalte mit der Verbreitung von Desinformation verwoben ist, was, wie sich aktuell nicht nur in den USA zeigt, die Aushöhlung demokratischer Strukturen vorantreibt, unbedingt auch als zumutbar angesehen werden.

Abschließend noch zwei Sätze zum gezeigten Gestaltungsmuster. Gestaltungsmuster, die auf geometrischen Grundformen basieren, wie sie nun auch von der Uni Marburg verwendet werden, erfreuen sich seit geraumer Zeit großer Beliebtheit. Unter anderem die Fachhochschule Erfurt verwendet ein aus Kreis- und Halbkreisflächen bestehendes Designsystem (siehe Screenshot der Website), beim Bayerischen Rundfunk sind es Viertelkreise, der Hamburg Science Summit wird visuell ähnlich beworben. Die Reduktion auf geometrische Grundformen geht oftmals auf Kosten der Eigenständigkeit und Wiedererkennbarkeit. Dies betrifft Designsysteme insgesamt wie auch einzelne Brand Assets wie das Logo. Das Risiko ist: je einfacher die Grundform, desto wahrscheinlicher ist, dass diese bereits in Zusammenhang mit anderen Marken steht.

Es kommt nicht von ungefähr, dass wir im Kommunikationsdesign seit einigen Jahren die Entwicklung sehen, weg von der schlichten, glatten, flachen Grundform, hin zu üppigeren, plastischeren Darstellungsformen, siehe The Return of Glossy Look. Nicht nur Google und Microsoft, auch Apple bewegt sich, was die Gestaltung von App-Symbolen und anderen UI-Elementen betrifft, wieder stärker, wie schon vor zwanzig Jahren, in Richtung skeuomorpher Ausdrucksformen (detailreich, fotorealistisch, mit 3D-Anmutung), wie auch das Kamerasymbol im eben erst gestern vorgestellten iOS 26 dokumentiert.

Mediengalerie

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