Bistum Aachen adaptiert Dachmarkenkonzept und ändert sein visuelles Erscheinungsbild entsprechend
Das Bistum Aachen präsentiert sich seit kurzem mit neuem visuellen Erscheinungsbild. In einer zunehmend komplexen Welt sei es wichtig, wie es anlässlich der Umstellung seitens des Bistums heißt, einen verlässlichen Orientierungspunkt zu bieten. Gelingen soll dies auf Basis jenes Design-Grundkonzepts, das bereits in den Bistümern Fulda und Münster zur Anwendung kommt.

Das Bistum Aachen präsentiert sich seit kurzem mit neuem visuellen Erscheinungsbild. In einer zunehmend komplexen Welt sei es wichtig, wie es anlässlich der Umstellung seitens des Bistums heißt, einen verlässlichen Orientierungspunkt zu bieten. Gelingen soll dies auf Basis jenes Design-Grundkonzepts, das bereits in den Bistümern Fulda und Münster zur Anwendung kommt.
Das Bistum Aachen ist eine römisch-katholische Diözese im Westen Nordrhein-Westfalens mit Sitz im Aachener Dom. Es wurde 1802 gegründet, 1825 aufgelöst und 1930 neu errichtet. Heute umfasst das Bistum Aachen, das an die Niederlande und Belgien grenzt, rund 1,04 Millionen Katholiken. Nun wurde das visuelle Erscheinungsbild des Bistums, mit dem Ziel das kirchliche Angebot zeitgemäß und bedürfnisorientiert auszurichten, aktualisiert und grundlegend verändert.
Auszug der Pressemeldung
„Mit dem neuen Logo ‘Katholische Kirche Bistum Aachen’ positioniert sich das Bistum als relevanter Akteur in der Gesellschaft. Katholisch zu sein, bedeutet zu integrieren, nicht zu spalten. Das moderne Form- und Farbdesign spiegelt wider, wie vielfältig und lebendig das kirchliche Angebot im Bistum Aachen ist“, sagt Generalvikar Jan Nienkerke. „Deshalb rückt die neue Marke „Katholische Kirche Bistum Aachen“ das Kreuz als starkes Zeichen eines unverwechselbaren Angebots stärker ins Blickfeld.“

Das bisherige türkisblaue-grüne Erscheinungsbild wurde auf ein blaues Farbschema umgestellt. Dementsprechend ist das neue Logo des Bistums in verschiedenen Blautönen gehalten. Die Form des Logos basiert auf jenem Corporate Design, das im Jahr 2018 für das Bistum Münster entwickelt worden ist. Nachdem bereits das Bistum Fulda im Jahr 2020 auf diesem Corporate Design aufgesetzt hat, geht mit dem Bistum Aachen nun das dritte Bistum in diesem Dachmarkenkonzept auf.
Die Logos der drei Bistümer basieren auf der gleichen Architektur, beinhalten alle die selbe Schriftart, die DIN Next. Eine Schrift, die ihren Ursprung in der DIN 1451 hat, welche 1936 vom Deutschen Institut für Normung (DIN) als Standardschrift für Technik, Verkehr, Verwaltung und Wirtschaft festgelegt wurde. In ihrer Farbgebung und im Namen unterscheiden sich die Logos. Die für das Corporate Design charakteristischen mosaikartigen Dreiecksflächen sind Bestandteil aller drei Logos, und dieses Stilmerkmal findet sich fortan auch in Medienanwendungen, die das Bistum Aachen veröffentlicht (Beispiel Plakat). Die Website des Bistums Aachen wurde bereits mit dem neuen Design ausgestattet und kürzlich relauncht.
Das ursprünglich von der Agentur Castenow aus Düsseldorf für das Bistum Münster entworfene Corporate Design wurde, wie es in der vom Bistum Aachen bereitgestellten Pressemeldung heißt, in einem kreativen Prozess zusammen mit der Agentur Power und Radach (Aachen) adaptiert und weiterentwickelt.
Kommentar
Gegenüber dem Nachrichtenportal der katholischen Kirche in Deutschland (katholisch.de) hatte ich vor fünf Jahre Zweifel geäußert und resümiert, dass das ursprünglich für das Bistum Münster entwickelte Corporate Design als Dachmarke für alle Bistümer nicht geeignet ist. Ein Modell, das lediglich die Farbgebung als einziges Differenzierungsmerkmal vorsieht, stößt bereits bei 10–12 Submarken an seine Grenzen. Obschon es, technisch gesehen, Millionen von Farben gibt, braucht es, um als Marke unterscheidbar zu sein, ausreichend großen Abstand und Kontrast zu anderen Markenfarben. In Deutschland gibt es insgesamt 27 römisch-katholische Bistümer. Zu viele, meiner Einschätzung nach, als dass sich für eine so große Anzahl an Submarken Farbschemata finden ließen, die ausreichend differenzierend UND dabei ansprechend wirken. Hinzu kommen vielfältige politische Schwierigkeiten. Beispielsweise müsste man im Erzbistum Berlin, wollte man ebenfalls das Dachmarkenkonzept übernehmen, die dortige angestammte Hausfarbe aufgeben, da Sonnengelb bereits vom Bistum Fulda verwendet wird.
Zweifel bestehen meinerseits auch dahingehend, ob eine Schrift wie die DIN, die das Wesen der Normung in sich trägt, sowohl in formal-ästhetischer Hinsicht doch noch mehr auf der konzeptionellen Ebene ein geeigneter Baustein ist, um darauf die Dachmarken-Architektur für Entitäten wie die Bistümer der Katholischen Kirche in Deutschland zu errichten. Entitäten, die sich, wie die Katholische Kirche insgesamt, innerhalb der Gesellschaft vielfach und zunehmend der Kritik ausgesetzt sehen, sie würden an überholten Normen, Regeln, Gesetzen und Dogmen festhalten. Regeln, die an der Lebenswelt vieler Menschen heutzutage vorbeiführe. Fette, zumal in Versalien in der Schriftart DIN gesetzte Bistumsnamen sind in dieser Hinsicht kein gutes Zeichen (Semiotik), da sie jene Unbeweglichkeit, die den Kirchen vielfach nachgesagt wird, insbesondere der Katholischen Kirche, auf der visuell-typografischen Ebene manifestieren. Eine denkbar falsche Symbolik. Sollte und müsste den Bistümern nicht daran gelegen sein in ihrer Außendarstellung Attribute wie Zugewandtheit, Aufgeschlossenheit, Menschlichkeit und Nähe zu vermitteln? Auch über die Typographie. Dann wäre die Frage, weshalb sie es nicht tun. Mit dem bestehen Designansatz lassen sich diese Werte nicht transportieren.
Die Tauglichkeit des ursprünglich für das Bistum Münster entwickelten Kreuzes auch als übergeordnete Dachmarke erscheint auch in anderer Hinsicht mehr als fraglich. Die für eine Dachmarke wichtige Verbindlichkeit kann das Kreuzlogo nur dann nach ausstrahlen, sofern es auch in der gewählten Form mit farbigen flächigen Dreiecken zum Einsatz kommt. Doch die vom Bistum Aachen teilweise verwendete Form als Outline-Version ist in seiner Beschaffenheit ganz anders (siehe Abb. links). Es sind schlichtweg zwei unterschiedliche Zeichen , im Aussehen, Ausdruck und in ihrer Botschaft. Gegenübergestellt wirken die Logos nicht wie zwei Ausprägungen ein und der selben Markenidentität, die des Bistums Aachen, sondern wie die Absender von zwei eigenständigen Bistümern, auch der unterschiedlichen Farbgebung wegen (dunkles Lila versus Blau). Die Varianz der Zeichen (Form, Typo und Farbgebung) ist zu groß, als dass sie mit nur einer Markenidentität rezipiert werden könnten.
Die Farbumkehrung verändert die Aussage eines Zeichens, wie sich etwa auch anhand der Invertierung des roten Kreuzes ablesen lässt. Im Zuge der Umkehrung erhält das Kreuz eine andere Aussage und Bedeutung, wird zum Markenabsender einer anderen Entität. Während das rote Kreuz die gleichnamige Hilfsorganisation repräsentiert, steht das weiße Kreuz auf rotem Grund für die Schweizer Eidgenossenschaft. Auch deshalb trägt das bestehende Konzept nicht als Dachmarkenmodell, da die Frage der Varianz nicht bedacht, zumindest offenkundig nicht geklärt wurde. Denn der Grad der Varianz und die Ausgestaltung der Submarken werden im Rahmen eines Dachmarkenkonzepts im Vorfeld definiert, und nicht im Nachhinein durch subsumierte Markenentitäten nach eigenem Ermessen selbstbestimmt.
Dass sich ungeachtet dessen mittlerweile drei Bistümer dazu bekennen, unter einem gemeinsamen Markendach in Erscheinung zu treten, ist freilich bemerkenswert. Der Wunsch, als Teil einer Gemeinschaft wahrgenommen zu werden, scheint innerhalb der Katholischen Kirche größer geworden zu sein, so jedenfalls ließe sich die Entwicklung bis hier hin deuten. In der Wirtschaft sind derlei Dachmarkenkonzepte weit verbreitet. Zuletzt hatte der Bundesverband Druck- und Medien (BVDM) die Darstellung seiner Mitglieder dahingehend harmonisiert (dt berichtete). Für die Kirche ist ein solches Konzept noch relativ neu/jung, und erklärungsbedürftig. Die rechtliche, wirtschaftliche Eigenständigkeit der Bistümer, ihre dezentrale Organisation und Verwaltung und die auch im Inhaltlichen (zum Teil) unterschiedlichen theologischen Ausrichtungen und Ziele sind zudem keine Rahmenbedingungen, die eine gemeinsame Dachmarkenstrategie begründen würden. Im Gegenteil. Die Unterschiedlichkeit der Logos der Bistümer spiegelt die Eigenständigkeit der Bistümer im Grunde in adäquater Weise wider.
Auch wenn Dachmarken nach dem Top-down-Prinzip entstehen, und die Katholische Kirche aufgrund ihrer streng hierarchischen Struktur eigentlich prädestiniert für die Umsetzung einer solchen Maßnahme erscheint, drängt sich im Fall der Bistümer ein Dachmarkenmodell nicht auf, der oben genannten Faktoren wegen. Gleichwohl ist unter dem Einfluss der hohen Anzahl an Kirchenaustritten, die Ausdruck eines gesellschaftlichen Wandels sind, der Handlungsbedarf deutlich gestiegen, als relevante und starke Stimme wahrgenommen zu werden, was wiederum FÜR einen konzertierten Kommunikationsansatz spricht. Die Notwendigkeit und die Dringlichkeit, die Kommunikation als Kirche zu stärken und zu verbessern, sind heute, da Glaube und Konfession nicht mehr als vorausgesetzt und selbstverständlich angesehen werden, mehr noch vielfach als unwesentlich, sehr viel größer als noch vor zwei, drei Jahrzehnten.
Wenn sich die Kirche als Weggemeinschaft versteht, wie auch das Bistum Aachen im Rahmen der Vorstellung des neuen Erscheinungsbildes erklärt, und auch in vielen anderen Bistümern ein Credo besteht und gelebt wird, wonach Zukunft nur gemeinsam gestaltet werden kann – können es sich die Bistümer der Katholische Kirche in Deutschland dann leisten, in ihrer Kommunikation und Außendarstellung derart fragmentiert und kleinstaatlich aufzutreten, wie sie es nach wie vor tun? Ein Widerspruch.
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